men lying on sofa

Es gibt einen Witz unter den Meistern des Aufschiebens, der besagt: “Warum heute tun, was man auf morgen verschieben kann?” Prokrastination – die Neigung, Aufgaben aufzuschieben, die wir eigentlich erledigen sollten – ist ein weit verbreitetes Phänomen. Es betrifft Schüler, die ihre Hausaufgaben bis zur letzten Minute verschieben, Autoren, die vor dem leeren Blatt Papier verharren, und selbst Manager, die wichtige Entscheidungen hinauszögern. Aber warum schieben wir auf, was wir heute tun können?

Die Psychologie hinter der Prokrastination ist komplex und vielschichtig. Einer der Hauptgründe, warum wir aufschieben, liegt in der menschlichen Neigung, unmittelbare Belohnungen über langfristige Vorteile zu stellen. Diese Neigung ist als “Zeitinkonsistenz” bekannt und führt dazu, dass wir Aufgaben, die sofortige Befriedigung bringen, gegenüber solchen bevorzugen, die erst in der Zukunft einen Nutzen bringen.

Ein weiterer Faktor ist der “Optimismus des gegenwärtigen Moments”. Wir neigen dazu zu glauben, dass wir in der Zukunft mehr Zeit, Energie oder Motivation haben werden, um die Aufgabe zu erledigen. Das morgige Ich, so glauben wir, wird besser gerüstet sein, um sich den Herausforderungen zu stellen, vor denen das heutige Ich zurückschreckt.

Es besteht auch ein Zusammenhang zwischen Prokrastination und Perfektionismus. Viele Menschen schieben Aufgaben auf, weil sie befürchten, dass sie nicht in der Lage sein werden, sie perfekt zu erledigen. Diese Angst vor dem Scheitern kann dazu führen, dass sie die Aufgabe lieber ganz meiden, als sich ihr zu stellen und das Risiko einzugehen, nicht den eigenen Ansprüchen zu genügen.

Hinzu kommt, dass wir manchmal die Komplexität oder den Aufwand, der mit einer Aufgabe verbunden ist, unterschätzen. Diese “Planungslücke” kann dazu führen, dass wir Aufgaben aufschieben, weil wir uns überfordert fühlen oder nicht wissen, wo wir anfangen sollen.

All diese Faktoren tragen dazu bei, dass wir Aufgaben aufschieben, auch wenn wir wissen, dass es auf lange Sicht kontraproduktiv ist. Doch während ein gewisses Maß an Aufschieben normal und sogar nützlich sein kann – es ermöglicht uns, Prioritäten zu setzen und uns auf das zu konzentrieren, was wirklich wichtig ist –, kann chronisches Aufschieben zu Stress, schlechter Leistung und schlechtem Selbstwertgefühl führen.

Um die Prokrastination zu überwinden, müssen wir daher die Mechanismen verstehen, die sie antreiben, und Strategien entwickeln, um sie zu bekämpfen. Dazu gehören Techniken zur Steigerung der Selbstregulation, wie das Setzen klarer Ziele, das Aufbrechen großer Aufgaben in kleinere, handhabbare Teile, und das Schaffen einer Umgebung, die Ablenkungen minimiert und die Konzentration fördert. Wichtig ist auch, Mitgefühl mit dem eigenen Ich zu üben und zu akzeptieren, dass nicht alles perfekt sein muss.

Die Auseinandersetzung mit der Prokrastination ist letztlich eine Reise zur besseren Selbstkenntnis und Selbststeuerung. Sie erfordert, dass wir ehrlich zu uns selbst sind und dass wir bereit sind, uns unseren Ängsten und Unsicherheiten zu stellen. Denn nur dann können wir die Fesseln des Aufschiebens abschütteln und unser volles Potenzial entfalten.

You May Also Like

In den Flammen des Hochsommers: Klimawandel und die neue Normalität

In der intensiven Hitze des Hochsommers, wo die Luft zu vibrieren scheint…

Die Grauzonen der Ernährung: Weder Fisch noch Fleisch

Wir leben in einer Welt, die sich zunehmend der Bedeutung von Ernährung…

Die Psychologie der Überzeugungen: Wie wir Fakten von Fiktionen unterscheiden

Unser Gehirn ist ein meisterhafter Geschichtenerzähler, ständig damit beschäftigt, Sinn in die…