The Factitious Daily ist der Praxisteil der Bachelorarbeit “Künstliche Intelligenz – Chancen und Risiken der Anwendung von KI-Technologien auf den Nachrichtenjournalismus” von mir, Tobias Nessweda, Student im Bereich Contentproduktion & Digitales Medienmanagement an der FH Wien der WKW.
Das Ziel des Praxisteils dieser Arbeit besteht darin, die praktischen Möglichkeiten von KI-Technologien zu demonstrieren, um eine Website wie diese ganz im Stil eines klassischen Nachrichtenmediums zu erstellen. Dabei werde ich Technologien wie Natural Language Generation, Text-to-Speech sowie Text-to-Video verwenden, um Inhalte zu erstellen. Darüber hinaus soll diese Website als forschungsorientiertes Projekt dienen, das Daten über die Wahrnehmung der KI-erstellten Inhalte sammelt.
Was ist KI und was hat sie mit Journalismus zu tun?
KI ist die Kurzform für künstliche Intelligenz (englisch: Artificial Intelligence). Elaine Rich sagte 1983, dass „Artificial Intelligence (A.I.) (…) the study of how to make computers do things at which, at the moment, people are better” ist. Also, die Wissenschaft, davon, wie man Computer Sachen tun lässt, in denen wir Menschen derzeit noch besser sind. Dies ist nur eine von unzähligen Definitionen, was KI ist. Weitere, genauere Einteilung hinsichtlich den zugrundeliegenden Zielen machen Russel und Norvig in “Artificial intelligence: a modern approach“.
Künstliche Intelligenz versucht grundsätzlich in fast allen Bereichen natürliche, mennschliche Intelligenzvorgänge nachzuahmen. Dafür werden Entwicklungen wie künstliche neuronale Netzwerke, die das menschliche Gehirn mathematisch nachbilden, verwendet. Modelle wie Machine Learning und Deep Learning machen es möglich, dass Computerprogramme bzw. Algorithmen aus Daten lernen und sich auch weiter verbessern. Und Anwendungen wie Text-to-Speech lassen diese Computerprogramme sprechen.
Neue Entwicklungen wie Generative AI sin derzeit in allen Medien. Mit Stable Diffusion, Dall-E und Midjourney kann man ganz easy Bilder auf Knopfdruck erstellen lassen. Dabei reicht es, dass man der KI-Anwendung einfach sagt (bzw. schreibt), was man will. Im Unterschied zu „klassischen“ KI-Anwendungen, bei denen man als Entwickler:in meist weiß, wie als Endergebnis herauskommen soll und diese Anwendungen dementsprechend darauf optimiert, ist bei Generation AI das Ergebnis (bis zu einem gewissen Grad) unvorhersehbar.
Und was hat das mit Journalismus zu tun?
KI-Technologien, wie Data Mining, Machine Learning und automatische Textgenerierung werden schon heute von zahlreichen großen Medienunternehmen eingesetzt. Die Associated Press setzt seit 2014 auf KI, um neue interessante Inhalte zu finden, über die sie berichten kann. Genauso wie Bloomberg, Forbes oder die Washington Post. Die Austria Presse Agentur lässt tausende Texte automatisiert schreiben, CNET und Buzzfeed setzen auch auf automatische Contenterstellung. Der Spiegel verwendet Amazons Polly, um Artikel vollautomatisch innerhalb weniger Sekunden von eine KI-Stimme lesen zu lassen und bettet dieses Audiofile dann auf der Website ein.
The New York Times, Neue Zürcher Zeitung und Hearst Media haben Dynamic Paywalls im Einsatz, die je nach Nutzer:in mehr oder weniger viele gratis Artikel zulassen. Dabei errechnet eine KI für jede Person wann der beste Zeitpunkt ist, um den freien Zugang zu sperren, um möglichst viele neue Abos abzuschließen.
Du siehst also, KIs sind mittlerweile in der Medienbranche stark vertreten. Deshalb hab ich mir gedacht, ich versuche mit einfach zugänglichen Mitteln, was mit dem Einsatz von KIs möglich ist.
Texterstellung und Bilderstellung
Um die Texte, die auf dieser Website zu lesen sind, zu erstellen, wurde das Large Language Model ChatGPT genutzt. Dabei wurde mithilfe einiger Tricks die KI so programmiert, dass sie ungefähr das macht, was ich will.
“Schlüpfe in die Rolle von…” ist hier ein guter Start, um ChatGPT zu sagen, wie er/sie/es handeln soll, um das Ergebnis in eine gewisse Richtung zu lenken. Coole ChatGPT Prompts – das sind die Textanweisungen, die man Generative AIs gibt – gibt’s übrigens hier.
Die Bilder, die auf der Website zu sehen sind, wurden mit Adobes Firefly oder Stable Diffusion erstellt. Dass sie nicht wahnsinnig echt aussehen, liegt daran, dass es ziemlich viel Aufwand und Zeit benötigt, um ein wirklich halbwegs realistisch aussehendes Bild zu generieren.
Umfrage zur Praxisarbeit
Im Zuge dieser Arbeit habe ich zwei Zeitungsartikel erstellt und in einer kurzen persönlichen Umfrage Menschen gefragt, welchen dieser Artikel sie als KI-erzeugt wahrnehmen.
Die Artikel, um die es geht, findest du hier:
Wie zu sehen ist, ist das Ergebnis nicht eindeutig und sehr differenziert ausgefallen. Die Begründungen für die Entscheidungen der Befragten verdeutlichen eine deutliche Uneinigkeit darüber, welcher der beiden Artikel – einer im Stil eines Qualitätsmediums und der andere im Stil eines Boulevardmediums – von einer KI generiert wurde. Jene Befragten, die den 2. Artikel als KI-generiert betrachteten, empfanden den ersten Artikel durchgängig als „gut geschrieben“, was sie dazu veranlasste, diesen einem Menschen zuzuordnen.
Interessanterweise war es aber auch so, dass auch für jene, die den 1. Artikel einer KI zugeschrieben haben, dieser Artikel „gut klingt und schön geschrieben“ beschrieben haben. Der 2. Artikel mit seiner „einfacheren Sprache“ stammte laut dieser Gruppe eher von einem Menschen.
Mich würde interessieren, was du sagst! Welcher dieser Artikel ist von KI geschrieben worden? 1? 2? Beide? Oder keiner davon? Stimme hier ab:
Fazit
Auf dieser Website finden sich einige Artikel und Inhalte, die mithilfe von KIs erstellt wurden. Dabei ist zu sehen, dass es denkbar einfach ist, beispielsweise Fake News zu erstellen, wie der Artikel Donald Trump verwandelt Central Park in Golfplatz – Aufregung und Begeisterung in New York zeigt. Die Bilder schauen auf den ersten Blick ganz in Ordnung aus, bei näherem Betrachten merkt man jedoch, dass hier etwas nicht stimmen kann.
Bei fast allen Artikeln fällt außerdem auf, dass ChatGPT keine gendergerechte Sprache, sondern grundsätzlich immer nur die männliche Form verwendet. Dass ChatGPT durchaus in der Lage ist zu gendern, sieht man an KI im Journalismus: Hype oder Helferlein?, wobei ich hier explizite Anweisungen gab, dass gegendert werden muss. Das lässt auf einen Bias, also eine Voreingenommenheit bzw. Verzerrung im Algorithmus oder den Daten schließen. ChatGPT wurde wohl einfach nicht gut genug darauf programmiert in der deutschen Sprache gendergerecht zu schreiben.
Trotzdem haben KIs auch ihre Vorteile: es ist einfach, große Mengen an menschenähnlich klingendem Text zu schreiben, Text in Audiodateien zu verwandeln oder ganze Erklärvideos erstellen zu lassen.
Apropos Text-to-Speech:
Hier sind einige Beispiele von Text-to-Speech Modellen, deren Verwendung ich im Zuge dieses Projekts evaluiert habe.